Über zwei Drittel der 190.000 Mitarbeiter des DB-Konzerns sind unzufrieden und demotiviert. Diese alarmierenden Zahlen wurden bei einer stichprobenartigen Umfrage unter den Angestellten der Bahn erhoben. Dabei bezeichnet der Konzern seine Mitarbeiter gern als seine wichtigste Ressource.
Nicht nur jahrelanger Stellenabbau, der zu völliger Überlastung der Bahnmitarbeiter und zu großer Angst vor dem Jobverlust führte, ist Grund für deren Unzufriedenheit. Die Ursachen sind vielfältiger. Mitarbeiter der Bahn sind die Blitzableiter für alle technischen Probleme und Ausfälle. Auch wenn sie selbst keinerlei Verantwortung für Ausfälle, Verspätungen und Verlegungen tragen, sind sie doch die erste Anlaufstelle für verärgerte Bahnkunden. Außerdem beklagen die Angestellten den barschen Umgangston, zu viele zu bürokratische Regelungen, mangelnde Flexibilität und Gängelung durch die Konzernleitung.
Die einst durch den Ex-Bahnchef Mehdorn eingeführte zentralistische Unternehmenskultur brachte dem Konzern zunächst zwar große Einsparungen, führt jedoch jetzt dazu, dass Entscheidungswege viel zu lang und unflexibel sind. Alles wird in Berlin geregelt und muss von der Bahnspitze abgesegnet werden. Die regionalen Budgets vor Ort sind derart niedrig angesetzt, dass Abteilungsleiter auch bei kleineren Ausgaben bereits ein OK aus Berlin benötigen.
In einer Zeit, in der der DB-Konzern die Neueinstellung von Ingenieuren und weiterem Personal vorsieht, um die technischen Probleme endlich in den Griff zu bekommen, ist die hohe Unzufriedenheit ein großes Problem. Es muss dringend gegen gesteuert werden. Die Bahn setzt auf Dezentralisierung und regionale Mitarbeiterbesprechungen. Ob diese Maßnahmen ausreichen, um die Bahnmitarbeiter wieder zu motivieren und die Bahn zu einem begehrten Arbeitsplatz zu machen, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass ein anderer Umgang mit den Mitarbeitern dringend notwendig ist. Höhere Flexibilität, mehr Verantwortung und die Beseitigung der zahlreichen technischen Probleme sind ebenso wichtig wie die Sicherung der Arbeitsplätze.
Veröffentlicht in Wirtschaft-News am 16.08.2011